Glatt - Greifensee bis Rhein


Die Bilder zum Artikel: Bildergalerie Glatt

Greifensee

Hinweis: Seit einiger Zeit sind Glattmündung und der unterste Teil des Greifensees als Naturschutzgebiet eingestuft. Einbooten darf man erst bei der Brücke an der Strasse von Schwerzenbach nach Fällanden.
Karte - (Stiftung Greifensee)

Fahrtenbericht - romantisch und gefährlich



1999 sind wir die erste Hälfte der Glatt zum ersten Mal gefahren. Mit unserer Seegurke, *smile, so heisst unser Weich-Schlauchkajak.
Wir sind nach Schwerzenbach gefahren mit der Bahn S9. Vom Bahnhof aus muss man ca. einen Kilometer gehen bis man an die Glatt kommt. Dann noch etwas die Glatt hinaufgehen oder rudern um an den Ausfluss des Greifensees zu kommen. Dort sind wir gestartet. Der Ausfluss ist nicht leicht befahrbar, es hat ein kleines Wehr, mit entsprechendem Boot ist es aber links vom Mittelpfosten in einer schmalen Rinne befahrbar. Wir hatten jedoch zuviel Angst um unsere dünne Plastikhaut und haben darauf verzichtet.

Die Glatt ist im Anfang wunderschön. Ein schmaler, nicht sehr tiefer, kleiner Fluss mit Baumallee beiderseits. Auf beiden Seiten ist meist ein Wanderweg. Nach einiger Zeit kommt dann rechts die Eisbahn, mit gutem Sommerimbissrestaurant und Aufteilung der Glatt in 2 Arme. Der rechte Arm ist mit nicht befahrbarem Wehr geschmückt. Der linke Arm ist total romantisch, führt aber leider zu einer Fabrik und ist wohl die meiste Zeit nur schlecht befahrbar.
Bald führt die Glatt durch Zürichs Vororte und wird zu einem seichten Industriefluss. Unter jeder Brücke lauern Fahrräder und liegengelassene Eisenstücke und Müll. Hie und wieder mussten wir aussteigen und unser Boot etwas führen.. waren aber nur wenige Meter.
Der ganze Fluss ist kanalisiert. Wir haben noch einige weitere Wehre getroffen, die aber immer von weitem zu erkennen waren und problemlos umtragen werden konnten.

Ja.. die Fahrt ging unter unzähligen Brücken durch. Manchmal etwas trist, manchmal doch noch recht romantisch. Ich empfehle einen recht hohen Wasserstand um diese Tour zu unternehmen. Gegen Rümlang zu wird dann der Fluss recht tief, mit regelmässigen kleinen Stufen, die die Fahrt doch etwas interessant machen. Beim Bahnhof Rümlang sind wir ausgestiegen, haben unserem Boot die Luft rausgelassen, es auf den Rücken gebuckelt und sind mit der S-Bahn wieder nach Hause gefahren.


Zweiter Teil

Im Sommer 2000 sind wir dann auf die Idee gekommen, den zweiten Teil zu fahren. Was wir wussten:

1. Im Unterlauf hat die Glatt alle 20-30 Meter eine Schwelle, die aus quergelegten Steinbrocken bestand.
2. Die Glatt mündet in den Rhein, beim Kraftwerk Rheinsfelden. Leider war auf der Karte das letzte Stück nicht eingezeichnet. So als ob es in einem Tunnel verlaufen würde. Ob dieser Tunnel aber vor dem Kraftwerk in den Rhein mündet oder nachher.. oder ob die Fahrt über eine Turbine gehen würde, wussten wir nicht. Beschlossen einfach vorher auszusteigen.

Ja.. sind also wieder nach dem Bahnhof Rümlang gefahren mit unserer Seegurke - ca. 4 Meter lang, 5 Luftkammern, Touristenbootplastik, also ein weiches Boot, schwierig zu lenken, biegbar, aber billig.



Haben uns vorsichtshalber mit Proviant eingedeckt im Kebabladen neben dem Bahnhof.
Fuhren also gemütlich, bei recht hohem Wasserstand los, entlang des Flughafens - gemütlich und ohne Probleme über die kleinen Wasserschwellen.. gratulierten uns zu der problemlosen Fahrt bei dem hohen Wasserstand.
Ja.. dann kamen grössere Schwellen, Turbulenzen, aber die haben wir souverän gemeistert mit unserem Bootchen... nur etwas Wasser übernommen.. dann in einem Dorf dann eine Verengung der Glatt mit hohen Seitenmauern. Da wurde das Wasser sehr wild. Haben uns aber tapfer gehalten, sind gut durchgekommen. Dann weitere Schwellen... immer höhere. Das Wasser im Boot steigt... Die Schwellen werden 2-3 stufig. Wir kriegen es mit der Angst zu tun. Ueberlegen die Fahrt vorzeitig abzubrechen. Dann... toller Anblick.. vor uns sehen wir Wildwassermarkierungen von einem Kanuklub. Also sind wir in einer Wildwasserstrecke! Aua.. Aber jemand ist hier schon gefahren, so schlimm kann es doch nicht sein. Bei der nächsten Brücke ist eine quergelegte, orangefarbene Röhre gleich über dem Wasserspiegel aufgehängt. Wir haben Respekt davor und steigen unter der Brücke aus.
Gleich in der Nähe der Brücke ist das Klubhaus des Kanutenvereins und wir sehen auch jemanden dort herumgehen. Voller Elan wir hinüber und fragen nach, wie denn das Wasser hier so sei. Aber der Herr hatte die Hütte nur gemietet und konnte uns keine Auskunft geben. Schade. Was machen wir jetzt. Der Bahnhof Glattfelden liegt ganz in der Nähe, man könnte abbrechen. Wir beschauen uns die weitere Strecke mal zu Fuss.
Gleich nach der Brücke ist eine 4teilige Schwelle, das entspricht einem Wasserfall von ca. 2 Meter Höhe. In der Mitte, etwas rechts ragt ein Stück Eisenbahngeleise aus dem Wasser. Ideal für Schlauchboote..;-)) Gott sei Dank sind wir da nicht runtergedonnert.
Wir haben einen der unzähligen Radfahrer gefragt, wie denn die Strecke noch aussehe bezüglich Wasserfälle. Er sagte, da komme schon noch ein grösserer, das sei dann aber alles.
Wir hatten die Fahrt bis dahin überlebt, ohne grössere Verluste als unsere getreue Landkarte, die beim Entleeren des Wassers aus unserem Boot sich gleich mitentleert hatte und davonschwamm.

Ihr könnt es euch ja denken... wir entschlossen uns den nächsten Wasserfall zu Fuss abzuwandern und dann gleich wieder auf die liebe Glatt zu gehen *schmunzelt.
Es kamen 2 harmlose Stufen und wir beglückwünschten uns zu unserem Mut und freuten uns.
Hm... dann kam der nächste Wasserfall, 3stufig.. dann der nächste... und der nächste... runter ging es in sausender Fahrt. Das Wasser stand uns bis zum Bootsrand. Wir lachten nur noch irre bei jedem Wasserfall. Das Boot, weich wie es war, rutschte in Stufen über die einzelnen Schwellen, so zik-zak - ich weiss nicht ob ihr euch das vorstellen könnt. Der vordere Teil war waagrecht, dann das Mittelstück steil und das Hinterteil wieder waagrecht. Mit den Paddeln hielten wir uns aufrecht. Und donnerten Fall um Fall runter. Später - klar, wir haben es überlebt ;-) - haben wir uns dann die ganze Sache angeschaut... Sieht total harmlos aus. Habe aber leider nur einstufige Schwellen fotografiert, werde versuchen noch Fotos der interessanteren Stellen zu machen.

Dann hoch über uns die Eisenbahnbrücke. Ich sagte, dass bald der Tunnel kommen müsste. Die untere Luftkammer war kaputt, unsere Hintern schliffen über die Schwellen.

Kaum hatte ich ernsthaft mit dem Kommen des Tunnel gerechnet, sahen wir auf der rechten Seite eine Betonmauer, mit Eisenketten dran und eingelassenen Stufen. Ich wollte sagen: Hier gehen wir wohl am besten raus, als wir über einen Absatz (Steile Schwelle) fielen.

Und direkt vor uns den Tunneleingang sahen. Der Fluss verengte sich auf die Hälfte der Breite und wurde zu einer steilen donnernden Rinne (sieht von oben natürlich mal wieder halb so schlimm aus *schnief).


Der Tunneleingang war von herabhängenden Ranken fast zugewachsen, aber in der Ferne sahen wir ein weisses Licht, als ob nach dem Tunnel ein Wasserfall vor uns läge.



Ueli versuchte sich an den Eisenketten festzuhalten, glitt aber ab und das Boot stellte sich quer. Irgendwie schafften wir es nicht an die Ketten ranzukommen (später sahen wir dann, dass auf Wasserspiegelhöhe eine Art Gehweg war, so dass das Boot gar nicht an die Mauer rankonnte. Der Gehsteg hatte wohl mal ein Geländer aus Eisenstangen, die aber nur noch ca. 20cm lang waren und gegen den Fluss runtergedrückt waren. Also die ideale Seitenbegrenzung für ein Schlauchboot .

Schon bald donnerten wir wie bei Indiana Jones in den Berg hinein.. in den Tunnel.
In rasender Fahrt.... ins Dunkel...

Ja... und wie im Film, wurde es in der Mitte des Tunnels langsamer... ruhiger... und wir sahen, dass am Ende des Tunnels sicher nicht der obere Rhein lag, denn der wäre grün gewesen. Wir sagen etwas weisses, querliegendes, wohl der Rhein nach dem Kraftwerk. Also beruhigten wir uns und unternahmen keine weiteren Aussteigeversuche mehr, in anderem Falle hätten wir uns wohl einfach aus dem Boot fallen lassen.

Die linke Seitenwand war in der unteren Kammer ohne Luft, so dass wir schräg im Wasser hingen, mit halb abgesoffenem Boot.

Dann endete der Tunnel und wir waren im Rhein.

Gleich unterhalb des Kraftwerkes, das imponierend hoch über uns aufragte. Auch wenns auf dem Foto natürlich mal wieder anders aussieht :-(

Ihr könnt es euch ja vorstellen... 2 total abgesoffene Ratten, in havariertem Schlauchboot.. hysterisch lachend und total irre grinsend.

Haben dann versucht das Wasser abzuschöpfen und uns entschlossen bis Kaiserstuhl durchzuhalten - das ging ganz gut, wenn man sich im Boot etwas nach rechts lehnte und keine überflüssigen Bewegungen machte.

Jo.. nach wenigen Kilometern Fahrt sahen wir die Brücke von Kaiserstuhl, gingen dort an Land und machten uns auf den Weg zum Bahnhof, der über dem Dörfchen lag. Fuhren nass und mit umgehängtem Faltboot wieder nach Hause.

Die Untersuchung des Bootes zeigte, dass nicht der Plastik aufgeschlitzt war, sondern dass an den Schweissstellen der Plastik eingerissen war.. zu viel Dehnung.
Das Boot ist wieder geflickt und für neue Schandtaten bereit.

Uebrigens, im Tunneleingang haben wir bei unserem späteren Besuch Tausende von jungen Aalen gesehen... haben glücklicherweise keine davon in unser Boot gekriegt, sonst wäre die Schreiberin dieses Fahrtenberichtes wohl bis an die Tunneldecke gestiegen, ganz ohne jeden Antrieb *smile

Fotogalerie zu dieser Reise