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"Kappeler - Psalter"

Annäherung an einen "Kraft"-Ort - von Ernst Schlatter

* Die folgenden Texte habe ich in den vergangenen drei Jahren von kurzen Rückzügen ins Kloster Kappel nach Hause getragen.

Mitgetragene Blätter *

(statt eines Vorwortes)

Kürzlich -
wie ich nach Hause komme
und die Schuhe
an der Teppichvorlage
abstreife –
seh ich
ein Eichenblatt
das ich
von dort
mitgetragen hatte

(13.8.02)

Rückkehr

Immer wieder
hierher zurück-
kehren
zurückkehren
und wahr-
nehmen
die Schatten
von neuem Leben

berührt
von Liebe und Gnade
heute und morgen

(Herbst 1999)

Offene Türen

Offene Kirchtüren:
Frühlingswärme
tritt ein
in die kühlen
Klostermauern

Aufblühendes
Leben
begegnet
abgeklärtem
Geist

Wird
wohl
Neues
werden?

(Frühling 2000)

Nebeltag in Kappel

Der Blick
hinaus
durchs gotische Fenster
geht ins Leere

Die Traum-
Landschaft
hüllt sich
in Schweigen

So kann
ich mich
ganz
auf mich
besinnen

Ohne mich
auf mich
geworfen
zu fühlen:

Ich will
bei mir
einkehren

(Herbst 1999)

Lob der Langsamkeit

(für Urs Boller)

Der braun-roten Schnecke
zuschauen
wie sie
im „Bereich der Stille“ **
in ihrem
ganz eigenen Tempo
über die trockenen Sandstein-Fliessen
kriecht –

zuschauen
und dann
auch meinen Schritt
meinen Atem
langsamer werden lassen

und bereit werden
auch trockene Stellen
zu schätzen –
immer weiter-
schreitend

(Sommer 2000)
** „Bereich der Stille“: so ist der Kreuzgang des Klosters Kappel heute bezeichnet

Im Schoss der Kirche

In den Schatten
der Kirche
treten –
die Kühle
als angenehm
empfinden

und auch
in ihrem Schoss
Wärme
erfahren
dann und wann

und wieder
aus dem Schatten
heraus-
treten
in die Witterung
des Alltags