Die Aemtler
Bühne offerierte erstmals eine Silvesterpremière
Die Aemtler Bühne bot mit der Silversterpremère von Jakob Steblers Lustspiel „z’früe aagmäldet“
im stimmigen Saal des Gasthauses „Zum weissen Rössli“ in Mettmenstetten unter der Regie von Oscar Sales Bingisser
vor vollem Haus beste Unterhaltung, köstliche Situationskomik, gespickt mit Couplets mit Musik von Pascal
Bruggisser. Das Stück ist noch elf Mal zu sehen.
Von Ernst Schlatter
Zugegeben: Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich hörte, die Aemtler Bühne würde ein Stück
von Jakob Stebler spielen. Erinnerte ich mich doch an meine Zeit als Dorfschulmeister in Hemmental (SH), in der
an den Chränzlis der verschiedenen Dorfvereine immer wieder Lustspiele oder Schwänke gesucht werden mussten.
Da trafen denn die Auswahlsendungen aus dem Theater Verlag Elgg ein, und mindestens die Hälfte der Titel hatten
Jakob Stebler zum Autor.
Aber einmal mehr hat mich das Ensemble der Aemtler Theaterfreaks höchst positiv
überrascht und bestätigt mit der Aufführung im „Rösslisaal“ die Richtigkeit der Formel: Man
nehme einen Theatertext mit einem gewissen Inhalt, eine theaterbegeisterte Truppe, einen Profi-Regisseur und einen
gewieften Bühnenbilder: Das Resultat ist – wie bei wohl allen Aufführungen der Aemtler Bühne seit
deren Gründung (1985) fast immer dasselbe: Man geht bereichert, begeistert oder belustigt nach Hause – staunend
darüber, dass solche Aufführungen mit Laiendarstellern möglich werden.
Schon vor 17 Jahren stand ein Stück von Jakob Stebler auf dem Programm. Das
Schauspiel „Näbel über em See“ (mit Paul Bühlmann als Regisseur) war dann zumal auch ein grosser
Erfolg, von dem man noch heute spricht, obwohl es keine Komödie war.
Der Inhalt des Lustspiels – es ist beileibe kein nichts sagender Schwank sondern
erinnert an klassische Komödien wie zum Beispiel „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist, wo das Spiel
auch ganz haarscharf um einem tragischen Ausgang herumkommt – ist zwar schnell wiedergegeben:
Da wird das Ehepaar Breusi nach seinem plötzlichen Ableben (blitzerschlagen unter einem Baum) durch höhere
Macht getrennt und jeder der beiden „erwacht“ in verschiedenen, sehr mysteriösen Räumen: in den Vorzimmern
von Himmel und Hölle nämlich. Sie hatten sich auf Erden immer wieder gestritten, noch bis zum Schluss
gar. („Ich ha jo immer gseit, mi söll bime Gwitter nöd under en Baum stoh ...“). Nun aber wollen beide
unbedingt nochmals zusammenkommen, um Abbitte leisten zu können. Diese Gunst wird ihnen vom himmlischen beziehungsweise
höllischen Hilfspersonal gewährt. Doch der Weg dahin ist mit Hindernissen und Strapazen verbunden. So
werden sie auch mit ihren „Vorgängern“ in der Ehe konfrontiert, was nicht nur eitel Freude auslöst …!
Es ergeben sich überraschende Situationen voller Komik aber auch voller weiser Einsichten. Denn die allzumenschlichen
Situationen und Auseinandersetzungen sind ganz aus dem prallen Leben gegriffen.
Die fulminante Regie ist Oscar S. Bingisser zu verdanken, der das erste Mal mit
der Aemtler Bühne arbeitete. Er brachte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Laienschauspielern mit, hat er
doch auch schon mit den Küssnachter Theaterleuten Gogols „Die Heirat“ einstudiert. Nach seiner Ausbildung
an der Schauspiel-Akademie Zürich war er 1982 bis 1985 Ensemblemitglied am Schauspielhaus Zürich (unter
Heinz, Düggelin, Flimm, Zinger, Jarocki, Schaub) 1986 bis 1988 beim Theater für den Kanton Zürich
(unter Reinhard Spörri). Seit 1989 ist er freischaffender Schauspieler (Theater an der Winkelwiese, Stadttheater
Luzern, See-Burgtheater Kreuzlingen) und wirkte in Film- und Fernsehproduktionen mit. Ein Profi also durch und
durch, welcher die motivierte Crew der Aemtler Bühne zu einer reifen Ensemble-Leistung führen konnte.
Ebenfalls zum ersten Mal war der Musiker Pascal Bruggisser dabei. Die von Bingisser
geschriebenen Couplets, die nicht von Jakob Stebler stammen, hat er so eingehend musikalisch umgesetzt, dass die
Songs als grosse Bereicherung und „Interpretationshilfe“ des Stücks dienen. Da wirkt nichts aufgesetzt, nichts
gekünstelt, da durfte auch „neben dem Ton“ gesungen oder auch nur zur Musik gesprochen werden. Seine Klavier-
und Akkordeonbegleitungen und die Saxophon- und Trompeteneinsätze von Stefan Rüfenacht trugen wesentlich
zur glanzvollen Premiere bei.
Die acht Darstellerinnen und Darsteller hatten sich völlig mit ihren Rollen
identifiziert, mussten vielleicht gar nicht weit suchen, um sich so zu „outen“. Heidi Roth als zickige Frau Breusi,
die es ja immer schon gesagt hatte, Reto Huter als Brummbär, der einen Grossteil seiner Abende lieber im Restaurant
Rössli als zu Hause verbringt und seine Versprechungen nie einhält, Verena Mesot als Ursula, die Vorgängerin,
die vorgibt, froh zu sein, sich nicht mehr auf Breusi eingelassen zu haben und Heiri Landis als Urs, dem beleidigten,
weil einst abgewiesenen Vorgängen von Breusi.
Ganz besondere Beachtung verdient auch das Hilfspersonal im Himmel und in der Hölle: Die beiden – auch bei
allen verbalen Bosheiten – immer süss lächelnden Hilfsengel Brigitte Brun und Andrea Gimmi und die beiden
Stofeles (Hilfsteufel) Manuel Baumgartner und Erwin Stehli, die ganz offensichtlich ihre „schicksalsentscheidenden“
Rollen geniessen und mit teuflischer Wonne auskosten.
Einmal mehr ist es dem stillen Sammler und Schaffer im Hintergrund, Karl Engelhardt,
gelungen, ein Bühnenbild auf die Bretter der Rössli-Bühne zu zaubern, das der höllisch-himmlischen
Atmosphäre teuflisch gerecht wird, was auch für die dezente Beleuchtung durch Andreas Hebeisen und Peter
Frei sowie die eindrückliche Programm- und Plakatgestaltung durch Heini Ehrensperger gilt.
Wer sich einen besonderen Abend im neuen Jahr gönnen will oder gar Freunden eine Freude machen will, lädt
diese zum kulinarischen Vorspiel in der gemütlichen Ambiance des Gasthauses zum weissen Rössli ein: Die
Wirtin, Verena Spinner, mit ihrem ebenso eingespielten Team wird es bestimmt schaffen, mit leckeren Speisen den
nötigen Boden zum nachfolgenden höllischen Vergnügen zu legen.
An der Silvester-Première gabs da auf der gediegenen Speisekarte nämlich
ein „Höllenfeuer“ (Tomatensuppe mit Kräutern), ein zartes Schweinsfilet auf Zitronenwolke mit Engelshaarnudeln
und zum Dessert ein „Himmelsleiterli“ (weisses und braunes Schoggimousse), alles himmlisch zubereitet und serviert.
Um in diesen Genuss und zu genügend Platz zu kommen, empfiehlt es sich auf jeden Fall zu reservieren. Für
das Essen unter Telefon 01 767 02 01; für das Theater unter Telefon 01 764 00 31, jeweils Montag bis Samstag
von 9 bis 11 Uhr. Abendkasse und Bar sind 45 Minuten vor Beginn der Vorstellung geöffnet.
Die weiteren Spieldaten
Mittwoch, 8. und 15. Januar, 20 Uhr; Freitag, 10. und 17. Januar, 20 Uhr; Samstag, 11. und 18. Januar, 20 Uhr;
Sonntag, 12. Januar, 16 und 20 Uhr. Nähere Details unter www.aemtlerbuehne.ch.
Fotos (eschla):
1. Heidi Roth und Reto Huter als Herr und Frau Breusi
2. Erwin Stehli als Hilfsteufel (links); Reto Huter als Herr Breusi im Vorzimmer der Hölle
3. Die beiden Musiker: Pascal Bruggisser (Klavier und Akkordeon) und Stefan Rüfenacht (Saxophon und Trompete)