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Autor von "Uränkel
und Revoluzzer" oder "Die Märtyrer"
200 Jahre Bockenkrieg - 20 Jahre Aemtler Bühne
Am 8. Mai wird die Aemtler Bühne mit der vom Rifferswiler Mittelschullehrer geschriebenen musikalischen Komödie
"Uränkel und Revoluzzer" in den ehemaligen Lagerhallen der OVA Premiere feiern und gleichzeitig
das 20-jährige Bestehen der Laienbühne, welche sich mit Erfolg zum Ziel gesetzt hat, anspruchsvolles
Volkstheater zu pflegen.
Anzeiger:
Morgen Samstag, 3. April werden es 200 Jahre her sein, dass die 4 Mettmenstetter Schneebeli, Häberling, Kleiner
und Willi hingerichtet wurden.
Nach dem - wie ich auf der Internetseite der Aemtler Bühne gelesen habe - geht Ihr Stück auf ein Stück
des Rifferswilers Johannes Hauser "Die Märtyrer" zurück. Wie kamen Sie darauf, dieses Stück
"auszugraben"?
Thomas Stricker:
Auf der Suche nach einem neuen Stück für unser Jubiläums-Jahr (20 Jahre Aemtler Bühne) stiess
ich in der Rifferswiler Dorfchronik von Hans Schweizer auf den interessanten Hinweis, dass Ende des 19. Jahrhunderts
der Rifferswiler Landwirt und Nationalrat ein "Vaterländisches Trauerspiel: Die Märtyrer" geschrieben
hatte, das aber meines Wissens nie aufgeführt wurde.
Das Thema des Stücks waren die Geschehnisse in der Mediationszeit (von Napoleon diktierte Verfassung für
die Eidgenossenschaft). Damals kamen einige Gemeinden des heutigen Knonaueramtes zum Bezirk Horgen. Als in dieser
Periode die Aristokraten der Stadt Zürich die Landschaft wieder unter ihre Herrschaft bringen wollten, beteiligten
sich auch Bürger von Mettmenstetten am sogenannten Bockenkrieg, der oberhalb von Horgen beim Bocken stattfand.
Die ersten Scharmützel wurden von den Aemtler- und Seegemeinden gewonnnen. Doch die militärische Grossmacht
Bern eilte der Stadt Zürich zu Hilfe. Die vier Patrioten (die vier Hauptführer des Widerstandes) - Schneebeli,
Häberling, Kleiner und Willi -wurden zu Verhandlungen in die Stadt zitiert, wo ihnen kurzerhand der Prozess
gemacht wurde. Am 3. April 1804 wurden sie hingerichtet.
Damit wusste ich zwar von einem Stück. In der Zentralbibliothek fand ich dann den "dramatischen Versuch"
von Johannes Hauser: Ein Werk in oft schwülstiger Sprache und getragen von einem langatmigen Pathos, die heute
niemand mehr richtig verstehen würde. Trotzdem: Viele Szenen darin sind immer noch ergreifend und schlicht
schön.
"Uränkel und Revoluzzer"
- kein historisches Stück!
So kam ich auf die Idee, das Gute und das Spielbare von Johannes Hausers Trauerspiel in eine moderne Komödie
zu integrieren. Nach Dürrenmatt ist die einzig sinnvolle Form des Dramas sowieso die Komödie …
Ich möchte aber betonen, dass es bei meinem Stück nicht um ein historisches Stück geht, das heisst,
dass gewisse historische Fakten bewusst verfremdet worden sind.
Ihr Stück arbeitet ja mit dem Prinzip "Theater im Theater"- wie zum Beispiel bei Shakespeares "Macbeth"
oder "Sommernachtstraum".
Welchen Effekt möchten Sie damit erzielen?
In dieser Komödie spielt die Aemtler Bühne sich selbst, wie sie im Rahmen eines Festaktes zum Jubiläum
des Bockenkrieges Hausers "Märtyrer" versucht zu proben und aufzuführen. Ein Regisseur (Spielleiter)
hat sich mit vielen Beeinflussern abzugeben: Politiker wollen auf die Inszenierung Einfluss nehmen; Delegierte
des Dorfes versuchen die Schauspieler auf ihre Seite zu gewinnen: Im ersten Akt kommt es also zu chaotischen Proben
und Tumulten. Im zweiten Akt nach der Pause folgt der eigentliche Festakt - auch da verläuft nicht alles reibungslos
… Doch der Regisseur (im Stück) versteht es, die Komödie, wie es sich für eine Komödie gehört,
zu einem guten Ende zu führen.
Das Stück hat also komische Elemente. Worauf basiert dieser Humor?
Es ist vor allem die Situationskomik, welche vorherrscht. Wortwitz und Wortspielereien sind wesentlich. Doch lassen
Sie sich überraschen; allzu viel will ich noch nicht verraten.
Ist ein Unterschied feststellbar in den von Ihnen geschriebenen Teilen im Vergleich mit dem Text von Hauser?
Ja, natürlich. Mein Stück spielt in der Gegenwart, die Akteure sprechen die Sprache von heute. Die Sprache
Hausers ist unschwer herauszuhören am deklamierenden Vortrag durch die Schauspieler.
Damit will ich mich aber überhaupt nicht über die Sprache von Hauser lächerlich machen. Im Gegenteil:
darin finden sich auch sprachliche Juwelen.
In der neuen Produktion arbeiten Sie mit einem neuen professionellen Regisseur - Sebastian Dietschi - zusammen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit von Autor und Regisseur?
Werden die Texte zum Teil während der Proben noch geändert, wie das an der Pfauenbühne mit Dürrenmatt
und Frisch oft der Fall war, die ja sehr häufig vor Erstaufführungen in den Proben dabei waren und die
Texte noch änderten.
Ja. Ich bin bei allen Proben dabei. Deshalb habe ich selber nur eine kleine Rolle. So kann ich eingreifen, wenn
ich spüre, dass der Text nicht trägt, kann immer noch daran feilen.
Theater in der Lagerhalle
Eine weitere Neuerung: Die Aemtler Bühne spielt nicht in einem "normalen" Theaterraum, sondern in
den ehemaligen Lagerhallen der OVA. Wie eignen sich die Räumlichkeiten für dieses Theaterereignis?
Hier zu spielen hat grosse Vorteile: Einmal aufgebaut, kann die Bühne, welche der ganze Raum ist, stehen bleiben.
Aber das erfordert natürlich einen riesigen Aufwand an Fronarbeit. Unter der Anleitung des Bühnenbauers
Marc Bänziger wurden die vorhandenen Elemente der Halle (zum Beispiel Säulen) in die Spielflächen
integriert.
Professionelles Licht- und Tonkonzept
Für die verschiedenen Spielorte in der Halle brauchen wir erstmals auch ein professionelles Lichtkonzept (Petra
Waldinsperger).
Die Musik hat der Berufsmusiker Dani Wäch komponiert, der Musiklehrer an der Musikschule Knonaueramt ist.
Herr Stricker, ich danke Ihnen für dieses Gespräch, das uns auf den 8. Mai neugierig macht und wünsche
weiterhin viel Erfolg bei den Proben.
Alle Detailinformationen zu den Aufführungen entnehmen Sie den nächsten Ausgaben des "Anzeigers"
oder auf der Internetseite der Aemtler Bühne: www.aemtlerbuehne.ch.
Interview: Ernst Schlatter
1 Thomas Stricker, Rifferswil: der Autor von "Uränkel und Revoluzzer". (Bild eschla)
2 a Das Denkmal für die Märtyrer des Bockenkrieges von 1804 bei der Post Affoltern. (Bild eschla)