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Im Rhythmus von Bildern und Worten

Vernissage "Pflanzenwelten" von Yma Amsler und Lesung von Cathrin Schmid im Bickwiler Forum

Die Vernissage mit neuen Bildern der Malerin Yma Amsler und die gleichzeitige Buchvernissage des eben im Zürcher Rauhreif Verlag erschienenen Lyrikbandes "als wär ein Auge aufgeschlagen über mir" von Cathrin Schmid vom vergangenen Freitag ermöglichte eine zarte Annäherung an zwei hochsensible Aeugster Künstlerinnen. Die Ausstellung ist noch bis Ende Juni geöffnet.

Von Ernst Schlatter


Yma Amslers Pflanzenwelten-Bilder lassen sich keiner bestimmten Kunstrichtung zu ordnen und das ist gut so. Sie selber nennt ihre Maltechnik "Mikropointilismus": Auf mit Gesso weiss grundierter Baumwolle trägt sie mit Tempera feine Punkte auf. Es entstehen so eindringliche Darstellungen von Blüten, Blättern oder auch grösseren Abschnitten von Pflanzen. Die Farben überlagern sich, gehen ineinander über und doch bleiben sie als Punkte erkennbar.
Dem eigentlichen Malprozess gehen Studien im botanischen Garten voraus. Die Umsetzung der gesammelten Skizzen im Atelier ist dann der eigentliche schöpferische Prozess. Es geht Yma Amsler also nicht darum, naturalistische Pflanzenabbilder darzustellen. Oft sind ganz kleine Pflanzen überdimensional gross dargestellt und umgekehrt.

Pflanzengleichnisse in Kombination mit Sprache

Ein wichtiges Element der Bilder von Yma Amsler ist das Wort, das harmonisch im Bild integriert ist: Damit weist die Künstlerin über das Motiv hinaus und eröffnet dem Betrachter, der sich auf ihre Werke einlässt, eine weitere Dimension. Die Verbindung von Sprache und Pflanze erfolgt intuitiv, ist für sie auch eine Art Spiel mit Schriften und Worten. So erscheinen Worte in Deutsch, Arabisch, Alt-Griechisch, von der Spiegelschrift bis zur gregorianischen Notenschrift.

Bilder, die mit dem Betrachter sprechen


Sie selber sagt zu ihren Pflanzenwelten-Bildern:
"Auf meinen zahllosen Reisen in der näheren und weiten Welt als Suchende, Findende und Sammlerin tauchte ich schliesslich in die Welt der Pflanzen ein. Diese Welt ist die Quelle meiner Inspirationen, die durch meine Bilder fliesst. Meine Bilder sind eine Art Hymnus an den Kosmos, das Chaos, das Wort und die Musik."

Eine beeindruckend poetische Frühlings-Ausstellung also mit fein nüancierten Farbakzenten, die zu einem intimen Gespräch mit den tiefen Schichten unseres Wesens einladen.

Eigene innere Echos zulassen

Die in die Vernissage eingebettete Lesung von Cathrin Schmid aus ihrem eben im Zürcher Rauhreif Verlag erschienenen Lyrikband "als wär ein Auge aufgeschlagen über mir" hinterliess bei der gebannten Zuhörerschaft einen tiefen Eindruck: die dichte Wortkraft und die reiche Sprach-Bildwelt der Aeugster Autorin waren beglückend und sprachen eigene innere Welten an: Keine abgehobene Lyrik, sondern Texte, die - ausgehend von Wahrnehmungen in der Natur und Begegnungen mit Menschen - den Leser erreichen und berühren.

"Nach dem wochenlangen Weiss des Winters / das erste Geschenk des Frühlings - / Baumschatten auf dem Schnee / schlanke lange Schatten / über die Hügel gebogene Nervennetze / etwas Sicht -, für das Auge Ertastbares / als spreche das lang Verschlossen-Verschwiegene / sein erstes Wort wieder mit uns."

Der "Anzeiger" wird in einer späteren Ausgabe den Lyrikband "als wär ein Auge aufgeschlagen über mir" von Cathrin Schmid in einer ausführlichen Besprechung vorstellen.
Wer sich vorgängig der Ausstellung einen visuellen Eindruck der Werke von Yma Amsler machen möchte: www.yma-art.com.
Die Ausstellung im Bickwiler Forum am Brunnenweg 8 in Bickwil/Obfelden ist noch geöffnet bis Ende Juni von Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. Das Buch von Cathrin Schmid "als wär ein Auge aufgeschlagen über mir" ist ab sofort im Buchhandel erhältlich und bei der Buchhandlung Scheidegger, Affoltern am Lager.

Bilder:

1 Yma Amsler vor dem Bild "Chaos" (Bild eschla)
2 Die Autorin Cathrin Schmid während ihrer Lesung aus ihrem Lyrikband "als wär ein Auge aufgeschlagen über mir" (Bild eschla)

Textbeispiel
Reden, um das Leben zu vergessen
dieses unbegreiflich Fremde,
das uns anschaut alle Zeit.
Reden.
Ja nicht schweigen,
ja nicht diesen Blick auf uns fallen lassen.
Reden gegen die Verzweiflung
dennoch steht sie da
gross
sobald wir schweigen.

Und so reden wir weiter.

(aus: Cathrin Schmid: "als wär ein Auge aufgeschlagen über mir"; Rauhreif Verlag Zürich 2004)