"Das Kyrie der Johanna" der Affoltemer Organistin Susanne Baltensperger
Am vergangenen Wochenende erfuhr das Melodram über die Legende der Päpstin Johanna, die im 9. Jahrhundert
gelebt haben soll, drei eindrückliche Uraufführungen: Zwei in der reformierten Kirche Affoltern und eine
in der City-Kirche St. Jakob in Zürich.
Von Ernst Schlatter
Als vor einiger Zeit Susanne Baltensperger das Buch "Die Päpstin" von Donna W. Cross gelesen hatte,
liess sie der brisante Stoff nicht mehr los und sie beschloss, die mittelalterliche Johanna-Legende musikalisch
umzusetzen.
Doch sollte dabei auch die Geschichte während der Aufführung deutlich gemacht werden: Wie ein wissensdurstiges
Mädchen in Ingelheim gegen den Willen ihrer Eltern es schafft, die Klosterschule zu besuchen, sich als Mönch
verkleidet, nach Rom gelangt, dort Leibarzt des Papstes und schliesslich selber zum Papst gewählt wird (als
Papst Johannes Anglikus).
Susanne Baltensperger wandte sich deshalb an den von Radio DRS 2 bekannten Musikautor, Balthasar Kübler und
bat ihn, ein Libretto zu schreiben. Nach einigem Zögern - der Stoff schien ihm anfänglich zu umfangreich
und verschnörkelt - sagte er zu.
Was er nun daraus gemacht hat und wie die beiden professionellen Sprecher, Liliane Heimberg als Johanna und Walter
Hess als Erzähler, dies vortrugen, war von einer mitreissenden, hohen sprachlichen Qualität.
Musik als Ausdruck der wechselnden Grundstimmungen
Die von Susanne Baltensperger komponierte Musik ist aber nicht einfach eine Untermalung der Handlung, sondern macht
auch jene Bereiche hörbar, welche mit Worten nicht auszudrücken sind: Die innersten Gefühle, die
Träume, die Ängste, die Zweifel, die Überzeugungen, die Hoffnung und die Gewissheit der Johanna.
Eigenwillige, effektvolle Instrumentierung
Dabei verwendet die Komponistin ungewohnte Instrumente: Stimmimprovisationen (Maja Vieli-Bisig), ein Akkordeon,
das auch manchmal nur Geräusche imitiert (Thomas Weibel), eine Drehleier (Christine Strebel), verschiedenste
Perkussions-Instrumente (Reto Jäger) und natürlich die Orgel mit der Komponistin und Organistin Susanne
Baltensperger.
Man darf gespannt sein, wie die Zürcher Presse auf dieses in jeder Beziehung ungewöhnliche Werk nach
der Uraufführung in der Kirche St. Jakob beim Stauffacher reagieren wird. Der Schreibende und wohl auch die
vielen Zuhörerinnen und Zuhörer freuen sich auf weitere musikalische Überraschungen durch Susanne
Baltensperger, die immer wieder andere Musikerinnen und Musiker für neue Experimente gewinnen kann.
Bild:
Musikerinnen, Schauspieler, Komponistin und Libretto-Autor beim wohlverdienten Applaus. (Bild eschla)