Carmen
Cabert Steiner und Ernst Schlatter realisieren eine
überraschende Gemeinschaftsarbeit
Die Bonstetter Künstlerin Carmen Cabert Steiner ist weit über unsere Region hinaus bekannt, und auch
der Ebertswiler Lyriker und "Anzeiger"-Journalist Ernst Schlatter ist durch seine verschiedenen Publikationen
längst zu einem Begriff geworden. Nun haben die beiden kreativ Tätigen im Zusammenspiel mit der Sängerin
Verena-Barbara Gohl, Rifferswil, im Zentrum Oberdorf, Affoltern, eine Art Gesamkunstwerk realisiert.
Von Annemarie Stüssi
Carmen Cabert Steiner ist eine beeindruckende Malerin, gleichzeitig sucht sie nach immer neuen künstlerischen
Ausdrucksformen und hat eine besondere Beziehung zu so genannten Assemblagen entwickelt. In der aktuellen Ausstellung
fügt sie vielfach Fundstücke aus der Natur durch kleine gestalterische, aber markante Eingriffe und Ergänzungen
zu einem überraschenden Objekt zusammen, bei welchem das Gewachsene und das Hinzugefügte ein in sich
geschlossenes neues Ganzes bilden.
Beispielsweise sind es Rindenstücke, die an den weiblichen Körper erinnern, die sie rot bemalt. Dabei
stellt sich die Assoziation zur geheimnisvollen archaischen Göttin Lilith (und der Legende nach Adams erster
Frau) ein. Zum Geheimnis über die sagenumwobene Gestalt schreibt Ernst Schlatter im Gedicht "Auch du
bist Lilith":
"Wenn Lilith auftaucht, bleibt ein goldener Schimmer zurück
Ich werfe einen Bick in meine eigenen Tiefen
Ich erkenne den blinden Fleck
Ich ahne die Welt hinter dem Vorhang des Unbewussten:
Lilith hat mich gestreift".
Dieses kleine Beispiel mag aufzeigen, welcher Art das künstlerische Zusammenspiel von Carmen Cabert Steiner
und Ernst Schlatter ist. In den Versen findet sich einerseits eine Art Interpretation des Kunstobjekts, andererseits
wird aber klar, dass die Arbeiten der beiden Kunstschaffenden auch einzeln durchaus zu bestehen vermögen.
Dennoch: Wenn Schlatter im Gedicht "vernetzt - verletzt" schreibt: "Beliebigkeit hat keine Chance.
Das scheinbar zufällig Zusammen-Gefügte fügt sich höheren Gesetzen", lässt sich ein
unmittelbarer Bezug zu Carmens Objekten herstellen.
Natur als Inspirationsquell
Gerade die vordergründige Zufälligkeit der Werkstoffe verweist auf die tiefe Verbundenheit der Künstlerin
mit der Natur und gleichzeitig auf ihre Offenheit gegenüber jeglichem Material. Sie entdeckt die Schönheit
rostiger Blechplatten und die Aesthetik eines verkohlten Baumstumpfes. Aber sie dringt noch tiefer. Als sie beim
Räumen ihres Ateliers auf dem Islisberg allerlei Ueberflüssiges verbrannt hat, enteckte sie die Asche
mit kleinen Farbpartikeln als faszinierendes Mal-Material, das für sie ein eigentlicher Energieträger
darstellt.
Alte Gebetsbücher, die sie auf Flohmärkten oder in Brockenhäusern ausfindig macht, bedeuten ebenfalls
Uebermittler einer verborgenen Kraft. Ebenso ist das faserige Material , das sich zwischen Rinde und Holzstamm
eines Baumes gebildet hat, für sie ein Beweis des Lebendigen.
Allerdings gilt es, ob der eigenwilligen und eigenständigen Objekte auch die grossformatigen Bilder der Ausstellung
zu beachten, welche in der Regel auf einen bestimmten Farbton, beispielsweise Blau oder Gelb, ausgerichtet sind.
So verschieden die gezeigten Arbeiten auch sind, alle tragen sie den Stempel der unermüdlich suchenden und
entdeckenden Künstlerin, die sich nie mit dem Erreichten zufrieden gibt, sondern gemäss der Philosophie
von Joseph Beuys in jeder Lebensäusserung Kunst entdeckt.
Vernissage mit Liveperformance
Die Vernissage bedeutete auch eine Art Première der musikalischen Darbietung der Sängerin Verena-Barbara
Gohl, die in Variationen zu den unten angegebenen Terminen erneut präsentiert wird. Von Wiederholung kann
aber nicht die Rede sein, denn es handelt sich um Improvisationen, die jedes Mal erneut mit Hilfe einer tragenden
Stimme entstehen. Bald tönt diese wie ein Instrument, bald sind es eher lautmalerische Effekte, bald glaubt
man Klänge aus der Natur zu vernehmen. Die Darbietung der Musikerin hat mit herkömmlichem Gesang wenig
zu tun, spricht jedoch auf ganz ungewöhnliche Weise das Gemüt an. Solchermassen bewegt und beeindruckt
bietet sich der Besuch des Untergeschosses an, welches als "Caberts Inspirationsraum" gekennzeichnet
ist und wohl auch als Meditationsraum erlebt werden kann.
Oeffnungszeiten: Donnerstag und Freitag, 17.00 - 20.00 Uhr, Samstag und Sonntag, 14.00 -17.00 Uhr.
Jeweils ca. 10 Minuten Liveperformance mit Verena-Barbara Gohl
Donnerstag 19.45 Uhr, Freitag, 18.30 Uhr, Samstag 14.00 Uhr, Sonntag 16.30 Uhr.
Die Ausstellung im Rahmen "Galerie am Märtplatz unterwegs", Affoltern, Fabrikweg 11, dauert bis
21. Mai 2006.